Warum werde ich in der Scheidung zu einer völlig anderen Person gemacht?

Ich hätte nie gedacht, dass eine Trennung so etwas mit mir macht. Nicht nur mit meinem Leben – sondern mit meinem Bild nach außen. Plötzlich bin ich jemand anderes. Zumindest in den Augen der anderen.

In der Ehe hatte ich meine Rolle. Ich war Partnerin, vielleicht Mutter, Zuhörerin, Vermittlerin, die, die alles zusammenhält. Und jetzt? Jetzt bin ich „die Schwierige“. „Die, die sich verändert hat“. „Die, die plötzlich so kalt ist“.

Wenn andere anfangen, deine Geschichte zu erzählen

Das ist eines der härtesten Dinge an einer Scheidung:
Du verlierst nicht nur einen Menschen, sondern auch die Kontrolle über dein eigenes Narrativ.
Plötzlich erzählen andere deine Geschichte.
Und du kommst darin oft nicht gut weg.

Da heißt es, du seist „überfordert“ oder „unberechenbar“. Du wirst auf Eigenschaften reduziert, auf Momente, auf Emotionen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden.
Und egal, was du tust – es scheint immer das Falsche zu sein.
Zeigst du Emotionen, bist du hysterisch. Bleibst du ruhig, bist du gefühlskalt.

Ich habe irgendwann gemerkt: In dieser Zeit kann man es niemandem recht machen – außer sich selbst.
Und selbst das ist schwer genug.

Selbstschutz sieht von außen anders aus

Es gibt Tage, da will ich einfach nichts erklären.
Kein Drama, keine Rechtfertigungen. Nur Ruhe.
Aber genau das wird dann schnell als „Abschottung“ oder „Kälte“ gedeutet.
In Wahrheit ist es oft nur: Selbstschutz.

Man zieht sich zurück, weil jedes Gespräch weh tut. Weil jedes Wort missverstanden werden kann.
Weil man erst wieder atmen lernen muss, bevor man wieder sprechen kann.

Das Bild zerbricht – und etwas Echtes kommt zum Vorschein

Ja, ich bin anders geworden. Aber nicht, weil ich mich verstellt habe.
Sondern weil ich endlich angefangen habe, ehrlich zu mir zu sein.
Eine Scheidung zeigt, wer du wirklich bist, wenn nichts und niemand dich mehr definiert.

Es ist schmerzhaft, dieses Bild, das andere von dir haben, zerbrechen zu sehen.
Aber vielleicht ist genau das notwendig, damit du wieder dein eigenes Gesicht erkennst.

Am Ende bleibt: Ich darf neu werden

Ich bin nicht die Person, die andere aus mir machen.
Ich bin auch nicht die, die ich in der Ehe war.
Ich bin irgendwo dazwischen – auf dem Weg, herauszufinden, wer ich wirklich bin.

Vielleicht ist das das Geschenk in all dem Schmerz:
Dass man sich selbst neu kennenlernt.
Nicht als „die Verlassene“ oder „die Schuldige“,
sondern einfach als Mensch.

Ehrlich. Roh. Unfertig. Aber echt.

bis bald, 
deine Sarah

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